Verfasst von: Vanessa Brkic
Geschäftszahl: 1 Ob 91/22x
Entscheidungsdatum: 14.07.2022
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Die Republik Österreich haftet nicht für den Schaden einer Bankkundin, der ihr dadurch entstand, dass sie aufgrund der Untersagung des Geschäftsbetriebs der Bank und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen einen Forderungsausfall erlitt.
Sachverhaltsdarstellung
In der folgenden Geschäftszahl: 1 Ob 91/22x fungierte der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht. Die klagende Partei in der Rechtssache ist in diesem Fall eine juristische Person. Folglich ist die klagende Partei eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die beklagte Partei ist hingegen die Republik Österreich (Bund), welche durch die Finanzprokuratur in Wien vertreten wird.
Die Klagesumme beläuft sich auf 1.231.269,20 EUR sA. In eventu äußert sich der OGH auch bezüglich der Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2022, GZ 14 R 13/22t-16, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Juli 2021, GZ 33 Cg 38/20f-9.
Der Revision der beklagten Partei wird seitens des OGH nicht Folge geleistet. Die Finanzmarktaufsichtsbehörde („FMA“) untersagte der C* Aktiengesellschaft („Bank“) mit Mandatsbescheid vom 14. 07.2020 gemäß § 70 Abs. 2 Z. 4 BWG mit sofortiger Wirkung die Vornahme von Bankgeschäften.
In der Folge wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bilanzfälschung und der Untreue gegen Verantwortliche der Bank eingeleitet und mit 29. 7. 2020 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Klägerin begehrt von der beklagten Republik Österreich (Bund) im Wege der Amtshaftung den Ersatz jenes Schadens, der ihr dadurch entstanden sei, dass sie aufgrund der Untersagung des Geschäftsbetriebs der Bank durch die FMA und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen nicht mehr über ihr Guthaben in Höhe von 1.331.269,20 EUR verfügen könne. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden, die ihr durch die Einlage von Geldern bei der Bank aufgrund der nicht gehörigen Erfüllung der der FMA obliegenden Aufsichts- und Prüfpflichten sowie der nicht gehörigen Erfüllung von Pflichten durch staatsanwaltschaftliche Organe entstanden seien. Vorstandsmitglieder der Bank hätten im Sommer 2020 gegenüber der OeNB und der Staatsanwaltschaft zugestanden, seit den 1990er-Jahren eine Reihe betrügerischer Handlungen – etwa die Fälschung von Bilanzposten, Saldenbestätigungen und Zahlungsbelegen, die „Fingierung“ hoch verzinster Kredite und die Veruntreuung von Geldern der Bank – gesetzt zu haben. Die Unterlassung der gebotenen Prüf- und Verfolgungsschritte durch die funktionell dem Bund zuzurechnenden Organe sei grob unvertretbar gewesen.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und wandte dessen Unschlüssigkeit ein. Gemäß § 3 Abs 1 Satz 2 FMABG sei eine Amtshaftung für Schäden, die Dritten sohin auch der Klägerin von Organen der FMA in Vollziehung von Aufgaben der Bankenaufsicht zugefügt wurden, ausgeschlossen.
Die Bestimmungen über die Bankenaufsicht, deren Verletzung durch Organe der FMA und der OeNB der Beklagten vorgeworfen werde, dienten nur dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der volkswirtschaftlichen Stabilität und bezweckten – wie § 3 Abs 1 Satz 2 FMABG klarstelle – keinen Schutz des Vermögens einzelner Gläubiger der geprüften Bank.4 Aufgrund eines Antrags der Klägerin auf Normenkontrolle nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG (sowie aufgrund solcher Anträge anderer geschädigter Gläubiger der Bank) prüfte der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 3 Abs 1 Satz 2 FMABG auf ihre behauptete Verfassungswidrigkeit, verneinte eine solche jedoch. Die geschädigte Bankkundin leitete die Amtshaftung der Republik Österreich daraus ab, dass sie als Rechtsträgerin der Finanzmarktaufsicht, der Österreichischen Nationalbank sowie des Amts der Burgenländischen Landesregierung als „Revisionsstelle“ den ihr insoweit obliegenden Aufgaben im Zusammenhang mit der Kontrolle des Geschäftsbetriebs der Bank nicht nachgekommen sei. Wäre eine ordnungsgemäße Kontrolle erfolgt, wären die nunmehr bekannt gewordenen Malversationen innerhalb der Bank bereits viel früher aufgedeckt worden. Die Bankkundin hätte dann kein Geld bei der Bank eingelegt und keinen Schaden erlitten.
Der Republik Österreich sei als Rechtsträgerin der staatsanwaltschaftlichen Organe auch vorzuwerfen, dass diese ihrer Verpflichtung zur strafrechtlichen Verfolgung der für die Bank handelnden Personen nicht nachgekommen seien. Beide Vorinstanzen wiesen die Klage der geschädigten Bankkundin ab.

Rechtliche Beurteilung sowie Entscheidungsgründe des OGH
Die gegen das Berufungsgericht erhobene Revision der klagenden Partei ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte dies aus folgenden Gründen:
1. Die Republik Österreich haftet nicht für Vermögensschäden von Bankkunden aufgrund einer fehlerhaften Bankaufsicht durch die Finanzmarktaufsicht. Ein Ersatz solcher Schäden wurde vom Gesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossen, was der Verfassungsgerichtshof als zulässig ansah.
2. Der gesetzliche Ausschluss der Haftung für Vermögensschäden geschädigter Bankkunden aufgrund einer fehlerhaften Bankaufsicht gilt auch für Schäden, die wie hier aus einer Tätigkeit der Österreichischen Nationalbank im Rahmen der Bankenaufsicht abgeleitet werden.
3. Dem Land Burgenland kommen bei der Erfüllung seiner Aufgaben als Revisionsverband keine hoheitlichen Befugnisse zu. Eine Amtshaftung kann daher auch aus einem behaupteten Fehler bei der genossenschaftlichen Revision der Bank nicht abgeleitet werden.
4. Die Bestimmungen über die Einleitung eines Strafverfahrens sollen Gläubiger einer Bank nicht davor schützen, dass ihnen aufgrund der unterbliebenen Einleitung eines solchen Verfahrens durch künftige Straftaten der Organe dieser Bank ein Vermögensschaden entsteht. Dass ein solcher Schaden durch die frühere Einleitung eines Ermittlungsverfahrens unter Umständen verhindert werden hätte können, kann daher keinen Amtshaftungsanspruch begründen.
Der Oberste Gerichtshof, verdeutlichte in seiner Entscheidung die Bedeutung des Schutzzwecks der entsprechenden Amtshaftungsnorm unter der Berücksichtigung des Haftungsrahmens. Der Ansicht des OGH ist zu entnehmen, dass ausschließlich die in der Schutznorm erfassten Schutzzwecke als solche gerichtlich durchgesetzt werden können. Denn: Es ist erforderlich, dass der Schutzzweck alle relevanten Aspekte umfasst, einschließlich des Geschädigten, der Art des Schadens sowie seiner Entstehungsform.Folglich ist es Ziel dieser Definition und Auslegung, einen einheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen und genaue Grenzen zu definieren, um eine zu umfangreiche Haftpflicht zu vermeiden. Gemäß § 3 Abs 1 FMABG, ist die FMA in diesem Fall nicht für die entstandenen Schäden der C* Bank mittels des AHG (Amtshaftungsgesetz) zu verpflichten, da keine Aufsichtsrechtlichen Fehler als solche festzulegen sind. Die Amtshaftung gegenüber den Gläubigern kann in diesem Fall nicht greifen, da diese Form von Schädigung nicht im Schutzzweck der Bankenaufsicht zum Inhalt hat.
Zudem gibt es dahingehend keinen entsprechenden Tatbestand, welche den Bund als solche gegenüber Privatpersonen und oder Gläubigern bezüglich der Bankenaufsicht verpflichten könnte, unabhängig vom Verschuldungsgrad. Infolge ist der OeNB ebenso kein Aufsichtsfehler zuzurechnen, da diese ausschließlich als Hilfsorgan der FMA fungiert und in dessen Auftrag tätig werden kann. Somit können einzelne Gläubiger nicht von dieser Funktion profitieren, da ihnen Gegenüber keine direkte Verpflichtung zugestanden wird. Die Aufsichtsorgane haben ausschließlich für aufsichtsrechtliche Fragen hinsichtlich der Erhaltung der volkswirtschaftlichen Stabilität zu Sorgen und haben stets die Interessen der Öffentlichkeit zu berücksichtigen, jedoch nicht der einzelnen Personen allein.
Fazit
Die hier entsprechenden Ausführungenn beruhen auf der Rechtsentscheidung des OGH 9 Ob 81/21h. Basierend auf den Entscheidungen der zuvor eingehenden Instanzen des Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht GZ 14 R 13/22t-16.
Der Oberste Gerichtshof entschied anlässlich des vorliegenden Sachverhaltes über das vom Residenten eingebrachte Rechtsmittel.Der Revision wird nach der Auffassung des Obersten Gerichtshof nicht Folge gegeben. Die folgenden Entscheidungsgründe legitimieren die Vorgehensweise des OGH entsprechend. Besteht eine mögliche Insolvenzverschleppung aufgrund des geltenden Antragsmonopols der FMA? Die FMA ist als nationale Abwicklungsbehörde für alle innerstaatlichen und nicht Signifikanten Banken zuständig. Für alle wichtigen und Signifikanten Banken, ab einer Bilanzsumme von mehr als 30 Millionen ist die SRB zuständig. Dahingehend stellt sich die Frage, ob die Zuständigkeit der FMA hier überhaupt besteht, da entsprechend der veröffentlichten Jahresabschlüsse der C* Bank Commerzialbank Mattersburg, die Bilanzsumme auf rund 795 Millionen Euro geschätzt wird. Dies entspricht einem Prozentualen Zuwachs von 92,62 Prozent im Jahr 2018. Jedoch kann man in diesem Fall die Zuständigkeit an sich nicht genau definieren, da eine mögliche Bilanzfälschung im Raum steht, jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht bestätigt wurde.
Infolgedessen stellt sich die Frage ob eine mögliche Insolvenzverschleppung aufgrund des Insolvenzantragsmonopols gemäß § 82 BWG eventuell zu beachten wäre. Die Wirkung des Konkurseröffnungsbeschlusses bleibt zwar bis zur Verfahrensergänzung bestehen. Denn im Zuge dessen würde eine Amtshaftung entsprechend dem AHG bestehen. Aufgrund des Insolvenzantragsmonopols der FMA muss jeder sonstige Antrag zurückgewiesen werden. Angesichts des Insolvenzantragsmonopols der FMA besteht die alleinige Legitimation für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hinsichtlich eines Kreditinstitutes. Somit hat das Insolvenzgericht den Antrag eines Gläubigers oder der Schuldnerin selbst a limine zurückzuweisen. In Anlehnung daran ist nochmals zu erwähnen, dass die FMA das alleinige Recht hat einen Konkursantrag zu stellen. In Folge dessen besteht ein erhöhtes Risiko der Verletzung der Insolvenzantragspflicht, aufgrund der bestehenden Aktivlegitimation, seitens der FMA. Dies ist besonders problematisch wenn Insolvenzgründe bestehen, jedoch kein entsprechender Antrag gestellt wurde.
Ebendarum sollte man eine mögliche Gesetzesänderung in Betracht ziehen. Denn wenn ausschließlich die FMA die Aktivlegitimation besitzt, kann es zu einer Insolvenzverschleppung kommen. Im Zuge dessen kann man sich durchaus die Frage stellen, wenn nicht die Aufsichtsbehörden die Interessen von Privatpersonen vertreten, wer dann? Selbstverständlich gibt es die Möglichkeit mittels einer Verbandsklage oder des VKI die Rechte einzelner einzuklagen, jedoch ist dies in den meisten Fällen erst dann möglich, wenn bereits ein Schaden entstanden ist. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass man seitens des Gesetzgebers versucht, den Deckungsrahmen dahingehend entsprechend einzugrenzen.
Dennoch ist es durchaus möglich, dass folgende Frage aufkommen: ,,Warum hat man nicht früher reagiert, besonders wenn bereits bestehende Verstöße über einen längeren Zeitraum verzeichnet werden konnten“?
Ein weiteres Beispiel für das verzögerte Handeln der FMA, wäre die AAB Bank AG (ehemals Meinl Bank AG). Der FMA war bereits in den Jahren (2014 - 2015) bekannt, dass Verstöße gegen entsprechende RL bestehen und keine zufriedenstellenden Korrekturmaßnahmen umgesetzt wurden. Doch man reagierte erst im Jahre 2019, durch einen Entzug der Bankkonzession. Somit kam es zum Eintritt des Sicherungsfalles gemäß § 9 Z 3 ESAEG. Dies war der erste Einlagensicherungsfall seit 2001.
Rund 60 Millionen wurden durch die ESA an die Gläubiger ausgezahlt. Doch warum hat man nicht früher reagiert?
Aufgrund der entsprechenden Argumentation der Klägerin, lässt sie durchaus anklingen, dass es sich bei der Urteilsfassung der Vorinstanzen, um eine rechtliche Fehlentscheidung handelt und somit der Tatbestand fälschlicherweise mittels einer unrichtigen Subsumtion ausgelegt wurde. Dies würde somit auch den Antrag der Normenkontrolle erklären. Bei einem Entscheidungsfehler, wurde die Rechtsfrage falsch und nicht der Rechtsordnung entsprechend gelöst. Dies wurde jedoch vom OGH verneint. In Anlehnung daran ist ebenso zu erwähnen, dass das Fehlverhalten der FMA als vollziehendes Organ als solches, selbst nie haftet, sondern gemäß § 9 Abs 5 AHG der Bund als Rechtsträger. Zudem ist der Bund nur dann haftbar, wenn Schäden durch die Organe in Vollziehung der Gesetze schuldhaft zurechenbar sind. Interessant ist, dass es keine entsprechende Sanktion für das Nichtwirken oder den Verzicht der Organe zu handeln existiert. Wenn also seitens der FMA nicht gehandelt wird, kommt es nicht zu einer Haftung gemäß des Amtshaftungsgesetzes.
Quellen und Verweise:
- OGH 14.07.2022, 1 Ob 91/22x
- https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/keine-amtshaftung-fuer-die-cbank/ (abgefragt am 13.12.2022).
- Vgl. (Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht 2017), Rz 1094
- Vgl. (Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht 2019), S. 355 (6. Auflage)
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