Wirtschafts- und Europastrafrecht: Thema Korruption

Veröffentlicht am 9. März 2025 um 22:47

Wirtschafts- und Europastrafrecht: Thema Korruption

  • Was ist Korruption im Sinne des StGB?

  • Korruption teilt sich in einen zweigliedrigen Bereich auf - (öffentlichen und privaten Bereich)

  • Wir befassen uns mit Korruption im öffentlichen Bereich - wichtige Paragraphen (304 - 307b StGB)

Das Korruptionsstrafrecht ist systematisch und spiegelbildlich aufgebaut, wobei der Fokus maßgeblich auf den Handlungen des Amtsträgers liegt. In diesem Zusammenhang stellt die passive Beteiligung des Amtsträgers den zentralen Ausgangspunkt für die Strafbarkeit im Bereich der Korruption dar. Ein weiterer zentraler Aspekt des Korruptionsstrafrechts ist die aktive Bestechung, die darauf abzielt, Amtsträger durch Vorteilsgewährung zu beeinflussen. Hierbei wird besonders zwischen Vorteilen mit direktem Bezug zur Amtsausübung und solchen mit rein persönlicher Bereicherung unterschieden. Der Gesetzgeber legt dabei großen Wert darauf, sowohl individuelle als auch systemische Formen der Bestechung effektiv zu ahnden, um die Integrität des öffentlichen Dienstes zu wahren und das Vertrauen der Bürger in staatliche Institutionen zu stärken.

Die Tatbestände sind zweigeteilt in passive und aktive Seite

Wichtige Begriffsdefinitionen:

  • Definition des Begriffs "Amtsträger"

  • Erklärung des Begriffs "Amtsgeschäft"

  • Präzisierung des Begriffs "Vorteil"

  • Verständnis des Begriffs "Versprechen"

 

Wichtige Merkmale für die Erfüllung der Tatbestände:

Amtsträger sowie damit verbundene Amtshandlungen oder Amtsgeschäfte, die im Zusammenhang mit einem daraus resultierenden Vorteil stehen. Alle Handlungen müssen ein pflichtwidriges Verhalten erkennen lassen. In einer pflichtwidrigen Weise ausgeführt (z. B. der Amtsträger nimmt finanzielle Zuwendungen entgegen, um vorsätzlich eine unrechtmäßige Handlung vorzunehmen).

Wichtige Fragen:

  1. Ist die Existenz des Amtsgeschäfts zwingend erforderlich?

  2. Ist die Durchführung oder Unterlassung des Amtsgeschäfts notwendig?

  3. Muss der sogenannte „Vorteil“ bereits übergeben worden sein?

1, 2) Nein, sowohl auf der aktiven als auch auf der passiven Seite ist dies unerheblich – die Verknüpfung muss jedoch bestehen.

3) Nein, die Übergabe des Vorteils ist nicht erforderlich; es genügt das Vorliegen der Forderung.

Unterschied zwischen §304 und §305 StGB: Die pflichtgemäße Annahme eines Vorteils, auch durch einen Amtsträger, der sich einen Vorteil für die Ausübung seiner regulären Amtsgeschäfte versprechen lässt, wird im Korruptionsstrafrecht strafrechtlich verfolgt. Dabei wird eine Differenzierung im Hinblick auf das Unrecht vorgenommen. Das Unrecht nach §304 StGB wird als schwerwiegender bewertet als das nach §305 StGB. Der Grund dafür liegt darin, dass §304 StGB pflichtwidrige Amtsgeschäfte betrifft, während bei §305 StGB von pflichtgemäßen Amtsgeschäften ausgegangen wird.

Achtung: Der Vorteilsbegriff ist in diesen beiden Tatbeständen anders auszulegen:

  • Wenn ein Amtsträger eine Forderung stellt, erfüllt jede Vorteilsannahme den Tatbestand der Rechtswidrigkeit.

  • Geht die Vorteilsgewährung jedoch von einer anderen Person als dem Amtsträger selbst aus, findet ein eingeschränkter Vorteilsbegriff Anwendung (ungebührliche Vorteile) gemäß § 305 StGB.

  • Das Gesetz enthält keine explizite Definition des Begriffs "ungebührlicher Vorteil", sondern lediglich Negativabgrenzungen, die durch einen Umkehrschluss zu interpretieren sind.

Jeder Vorteil ist grundsätzlich unzulässig, sofern keine gesetzliche Erlaubnis vorliegt (Abgrenzungen sind zu beachten). Zulässige Vorteile umfassen beispielsweise: Geschenke für besondere Leistungen oder die Bereitstellung bestimmter Vorteile bei Veranstaltungen (z. B. die Bereitstellung von Kaffee). Der Begriff des Amtsträgers ist im Strafgesetzbuch (StGB) rechtlich definiert. Als Amtsträger gilt auch eine Person, die in einem öffentlichen Unternehmen tätig oder angestellt ist. Beispielsweise kann dies bei einer Tätigkeit in einem Unternehmen wie der OMV von Relevanz sein, da ein erhöhtes öffentliches Interesse besteht. Orts- und landesübliche Aufmerksamkeiten sind unter bestimmten Umständen zulässig, beispielsweise im Rahmen eines Besuchs (z. B. ein Blumenstrauß). Ein Beispiel aus dem Schulbereich: In öffentlichen Schulen gelten Lehrkräfte als Amtsträger. Am Ende des Schuljahres erhalten sie häufig kleine Aufmerksamkeiten. Grundsätzlich ist dies nicht gestattet, kann jedoch als orts- oder landestypische Gepflogenheit unter besonderen Bedingungen toleriert werden.

  • Beispiel: Ist es einem Postzusteller gestattet, ein Trinkgeld in Form von Münzen oder Scheinen als Zeichen der Wertschätzung entgegenzunehmen? Handelt es sich hierbei um eine Zuwendung von geringem Wert?

  • Ein Postzusteller ist nicht befugt, ein solches Trinkgeld anzunehmen, da dies weder orts- noch landesüblich ist.

Begriff des geringen Werts:

  • Geld ist in seiner Funktion mit Gutscheinen gleichzusetzen.

  • Alle Aspekte können unter dem Begriff der Aufmerksamkeit subsumiert werden.

  • Die Grenze des geringen Wertes liegt bei etwa 100 ; es handelt sich jedoch nicht um eine festgelegte Grenze.

  • Aus verwaltungsrechtlicher Perspektive wird Geld nicht als Aufmerksamkeit betrachtet; diese Auffassung gilt jedoch nicht für das Strafgesetzbuch (StGB).

  • Ansprüche können auch stillschweigend geltend gemacht werden.

  • Ist die gewerbsmäßige Generierung von Einnahmen durch Trinkgeld möglich?

  • Hierfür ist der Nachweis einer fortlaufenden Einnahmequelle erforderlich.


  • §70 StGB - Der Jahresdurchschnitt darf den Betrag von 400 nicht überschreiten.

  • §304 StGB - Pflichtwidriges Amtsgeschäft - Vorteilsannahme

  • §305 StGB - Pflichtgemäßes Amtsgeschäft - Vorteilsannahme

  • §306 StGB - “Anfütterung“ - Kein konkretes Rechtsgeschäft vorhanden - Zukünftiger Vorteil (2012)

  • §307 StGB - Aktive Seite - Pflichtwidriges Amtsgeschäft - Vorteilsversprechen

Die angestrebte amtliche Tätigkeit oder das vorteilhafte Amtsgeschäft muss durch die betreffende Person ausgeführt werden können, wobei die rechtliche Befugnis hierbei entscheidend ist. Eine neue gesetzliche Regelung (in Kürze) wird die Thematik der Kandidatenbestechung betreffen, also die Bestechung von Personen, die zukünftig eine amtliche Funktion übernehmen sollen. Der Begriff „Forderung“ ist präzise zu definieren und klar von dem Begriff der bloßen Annahme zu unterscheiden, insbesondere im Hinblick auf den Vorteilsbegriff, der in diesem Zusammenhang variieren kann. Dabei spielt der zeitliche Faktor in den jeweiligen Zusammenhängen eine wesentliche Rolle. Ein Vorteil umfasst hierbei alles, was den Amtsträger in irgendeiner Weise begünstigt, sei es in materieller oder immaterieller Hinsicht.

Einschränkungen, die den Begriff "Vorteil" präzisieren:

Vorteile, die einem Amtsträger auf der Grundlage eines rechtlich begründeten Anspruchs gewährt werden. Im Kontext der Privatwirtschaftsverwaltung und der Privatautonomie gelten in diesem Bereich spezifische Regelungen. Ein Vorteil, der im Rahmen eines Austauschverhältnisses gewährt wird, ist grundsätzlich zulässig. Erfolgt eine Gegenleistung für den gewährten Vorteil, so fällt dieser aus der tatbestandsmäßigen Relevanz heraus. Vertragliche Vereinbarungen, die zivilrechtlichen Ansprüchen entsprechen (Leistung und Gegenleistung), sind maßgebend. Diese müssen jedoch aus zivilrechtlicher Sicht zulässig sein, insbesondere hinsichtlich der Angemessenheit, beispielsweise im Sinne der Regelung zur Laesio enormis, und wirtschaftlich vertretbar erscheinen. Es darf sich in keinem Fall um ein Scheingeschäft oder ein Umgehungsgeschäft handeln. Ein gewährter Vorteil kann nicht nur dem Amtsträger selbst zugutekommen, sondern auch der Behörde, der er angehört.

Europastrafrecht

 

  • Verordnungen – unmittelbar anzuwenden und rechtlich bindend
  • Richtlinien – Vorgaben zur Erreichung spezifischer Ziele durch die Mitgliedstaaten
  • Materielles Strafrecht: Im Europäischen Strafrecht nur begrenzt behandelt, da entsprechende Kompetenzen nicht vorliegen

Kernbereich staatlicher Souveränität – daher ist eine Verordnung (VO) ausgeschlossen, lediglich Richtlinien (RL) sind möglich. Keine Zuständigkeiten der Europäischen Union – Verordnungen (VO) sind ausgeschlossen, Zuständigkeiten bestehen lediglich im Rahmen von Richtlinien (RL). Verordnungen (VO) entfalten unmittelbare Wirkung und dürfen daher nicht implementiert werden.

 

Was ist in den Richtlinien (RL) enthalten?

  • Erschwerungsgründe
  • Milderungsgründe
  • Mindesthöchststrafen

Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union: 

Ein spezifischer Korruptionstatbestand auf Grundlage einer EU-Richtlinie sorgt für besonderen Schutz vor finanzieller Misswirtschaft. Im Gegensatz zum nationalen Strafgesetzbuch (StGB) ermöglicht die abstrakte Formulierung dieses Tatbestands, eine Vielzahl unterschiedlicher Handlungen unter seinem Anwendungsbereich zusammenzufassen.Die PIF-Richtlinien stellen einen zentralen Bestandteil des umfassenden Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Union dar.Darüber hinaus tragen regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen für staatliche und private Akteure wesentlich zum Verständnis sowie zur korrekten Umsetzung der Richtlinien bei, wodurch die Prävention von Korruption und Missbrauch nachhaltig gestärkt wird. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Durch den verstärkten Austausch von Informationen und die Koordination von Ermittlungen wird die Verfolgung von Korruptionsfällen und finanziellen Straftaten erheblich verbessert. Dies sorgt nicht nur für mehr Transparenz, sondern stärkt auch das Vertrauen in die gemeinsamen europäischen Institutionen und deren Fähigkeit, finanzielle Interessen wirksam zu schützen.

 

Umsetzung der RL:

Österreich hat die Richtlinie auf Antrag des EU-Gesetzgebers unmittelbar in nationales Recht umgesetzt, obwohl deren Bestimmungen bereits im Strafgesetzbuch enthalten sind – sie gleicht daher einer Verordnung. Unterbleibt die Umsetzung der Richtlinie, führt dies zu einem Vertragsverletzungsverfahren. Es treten jedoch mitunter Herausforderungen bei der Integration von Tatbeständen auf, insbesondere wenn diese nicht in das nationale Rechtssystem harmonisch eingegliedert werden können.

  • Gold-Plating 

 

Beispiele

  • Der Diebstahl einer Bankomatkarte und die anschließende Abhebung eines Geldbetrages gemäß §148a StGB.
  • Bruch des Gewahrsams: Die Bank stellt Bargeld lediglich unter Vorbehalt zur Verfügung.
  • Diebstahl sensibler Daten: Der Zugriff auf vertrauliche Informationen, beispielsweise im Rahmen einer Überweisung, kann schwerwiegendere strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Entwendung eines Betrages in Höhe von 100 Euro kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten geahndet werden.
  • Die vorsätzliche Eingabe korrekter Daten auf Basis unwahrer Angaben, wie etwa eine unrechtmäßige Überweisung in Höhe von 100 Euro, kann mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden.
  • Jeder nicht präzise definierte Tatbestand stellt eine potenzielle Fehlerquelle dar und erschwert das Verständnis der Sachlage. Dies kann dazu führen, dass Abläufe verzögert werden, was letztlich zu einer zunehmenden Unstrukturiertheit und mangelnden Transparenz der Verfahren führt.

 

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